Gayatri Mantra, Mutter der Veden
Das Gayatri Mantra ist der wichtigste heilige Vers im Hinduismus und wird deshalb als die „Mutter der Veden“ bezeichnet. Die Veden stellen eine mündlich überlieferte Sammlung religiöser Texte dar, die erst später verschriftet wurden. Diese religiösen Texte, auch Mantras genannt, entfalten ihre spirituelle Kraft durch fortwährendes flüsterndes, sprechendes, singendes oder auch gedankliches Rezitieren der Verse während der Meditation oder eines Gebetes und manifestieren sich auf diese Weise im Diesseits.
Sonne der Wahrheit
Das Mantra richtet sich inhaltlich an Savitri, die Sonne. Sie ist allen anderen Gottheiten als schöpferische und visuelle Repräsentation der höchsten Göttlichkeit übergeordnet und wird als einzige Quelle des Lichts und Lebens hoch gepriesen. Neben der Lobpreisung enthält das Mantra die Bitte um geistige Erleuchtung; denn Savitri als Sonne der Wahrheit ist es, die am höchsten Punkt der Schöpfung, ausgebereitet wie ein Auge im Himmel sitzt (Rig Veda I 22.20). Dabei wird im spirituellen Kontext die physische Sonne zur Sonne der Wahrheit.
Täglicher Lobgesang
Im Hinduismus gehört das Gayatri Mantra zum täglichen Gebet. Während es früher nur von Gläubigen aus höheren Kasten rezitiert werden durfte und insbesondere bei den Angehörigen der obersten Kaste, den Brahmanen, als verpflichtendes religiöses Element galt, gehört es heute zu den populärsten Mantras und wird von nahezu allen Hindus ins Gebet eingebunden. Dreimal am Tag, nämlich zur Morgendämmerung, zur Mittagszeit und zur Abenddämmerung wird das Mantra gesungen.
Buchstabenschrift
Das Gayatri Mantra ist ursprünglich in Devangari geschrieben. Diese indische Schrift wird klassischerweise zum Schreiben von heiligen Texten aber auch für die modernen Sprachen wie Hindi und Marathi verwendet. Die älteste überlieferte Inschrift in Devanagari geht auf das 7. Jahrhundert zurück. Seit dem 11. Jahrhundert ist sie die vorherrschende Schrift in Indien. Es handelt sich um keine Silben-, sondern um eine Buchstabenschrift, deren grafische Anordnung der Zeichen der Reihenfolge der Sprechsilben, nicht aber der einzelnen Laute entspricht.
Khrisna und Vishvamitra
Auch Krishna, der in Indien als eine der populärsten Gottheiten gepriesen wird und für seine weltweiten Anhänger als die Inkarnation des Höchsten gilt, identifizierte sich den mündlichen Erzählungen nach mit dem Gayatri Mantra. Der Verfasser dieses vierundzwanzig silbrigen Verses, so heißt es, war Kaushika, der bereits in frühen Jahren zum König erhoben wurde und damit als Nachkomme der Kusha Dynastie bekannt wurde. Durch Askese, Buße und spirituelle Hingabe, wurde er als Vishvamitra zum Freund aller und schließlich zum Heiligen, der neben dem Gayantra Mantra etliche Hymnen verfasst haben soll.
Spirituelle Kraft und Lebenshilfe
Das Gayatri Mantra gehört mittlerweile in vielen Meditationsübungen zum Standard. Man findet es deshalb auch auf Youtube zum Singen in den eigenen vier Wänden oder auch bei diversen Kursanbietern, die den Lobgesang auf die Wahrheitssonne fest einplanen. Der sich aus dem Gesang herausbildende göttliche Klangkörper kann sich heilsam auf das menschliche Befinden auswirken.
Es heißt, spirituelle Kräfte, Mut und Gesundheit werden beim Rezitieren des Gayatri Mantras gestärkt. Dazu schütze es vor Unheil und beseitige mentale Unzufriedenheit. In hektischen Zeiten kann das Mantra – gesungen allein oder mit anderen zusammen – dazu anhalten, innezuhalten und sich seiner selbst bewusst zu machen.